GIS als räumliches Denken in der Geographie

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1.1.5 Informatik, Geoinformatik und GIS

Zum besseren Verständnis der automatisierten elektronischen Datenverarbeitung ist es notwendig sich die Bedeutung der Informatik zu vergegenwärtigen. Die Informatik (computer science) ist die Wissenschaft, die sich mit der systematischen und automatischen Verarbeitung von Informationen auf der Basis von Daten mit Hilfe von Computern (sog. von Neumann Maschinen) befasst. Für die Geographie ist die vor allem die angewandte Informatik wichtig. Sie beschäftigt sich als Brückendisziplin mit der Anwendung von Informatik-Methoden in anderen Wissenschaften (z.B. in der Wirtschaftsinformatik, der medizinischen Informatik, der Agrarinformatik, der Bioinformatik, Medieninformatik und Geoinformatik).

Die Geoinformatik oder Geoinformation Science (GI-S) ist eine sich dynamisches entwickelnde Disziplin, die zwischen Geowissenschaften und Informatik angesiedelt ist. In diesem Kontext wird der Begriff "Geowissenschaften" (formal unkorrekt) synonym als Raumwissenschaft gedacht (z.b. Geographie,Geologie, Geodäsie, etc.). Aufgrund der Wachstumspotenziale der Raumwissenschaften entstehen national und international immer weitere Institute und Fachabteilungen. Dies gilt auch für Kompetenzanforderungen und Curricula der schulischen und universitären Geoinformatik-Ausbildung. Die rasante Entwicklungsgeschichte der Geoinformationswissenschaft lässt sich nach Bartelme (2005, S. 8 ff) in die folgenden Phasen gliedern:

  • 1955-1975: Phase der Pioniere (jeder hatte sein eigenes GIS, kaum Daten, kaum Hardwareunterstützung)
  • 1970-1985: Phase der Behörden (große staatliche Systeme, kaum Daten- und Hardwareunterstützung)
  • 1982-1990: Phase der Firmen (Produkte kommen auf den Markt: Intergraph, Arc/Info (ESRI), Sicad (Siemens), System 9 (Wild), …)
  • Ab 1988: Phase der Nutzer (Nutzerspezifische Lösungen, Datenstrukturierungen, spezielle Applikationen, Netzwerke von Systemen)
  • Seit 1995: Phase des offenen Marktes der Geoinformation (Internetbasierte Systeme, Interoperabilität, Service- und Produktorientierung, Geodateninfrastrukturen und Location Based Services)
  • Seit 2004: Phase des GeoHype (Worldbrowser, Navigationssysteme und Services)

Die genannten Phasen sind repräsentieren die z.T. erheblich voneinander abweichenden Interessen und Sichtweisen der jeweils dominierenden Akteure. Manche Ideen und Schwerpunkte aus diesen Phasen sind bis heute prägend für Entwicklungstendenzen und konzeptionelle Unterschiede in der Welt der Geoinformationssysteme. Zwar sind erste Konsolidierungstenzenden bzw. das Entstehen eines gemeinsamen Verständnisses sowohl der Inhalte als auch der Terminologie im Gange, allerdings prägen Vielfalt und Komplexität innerhalb des Faches ein Klima der Unsicherheit über Abgrenzungen und Einordnungen der Thematik Geoinformatik. Die Vielfalt ist nicht nur fachlich bedingt sondern resultiert auch sehr stark aus der geschichtlichen Entwicklung, die in parallel verlaufenden Entwicklungssträngen einen wesentlichen Anteil an einem ausufernden Verständnis von GIS hat. Daher ist zum besseren Verständnis der Bedeutung von Geoinformatik und ihrer Wechselwirkung mit der Geographie die Kenntnis der skizzierten Phasen hilfreich.

Kommerzielle versus Open Source-Software - alles historisch bedingt?

Besuchen Sie die Webseiten des kommerziellen GIS-Software Herstellers ESRI (www.esri.com) und der Open Source-Community von OSGEO (www.osgeo.org). Versuchen Sie einzuordnen, ob und falls ja, welche Einflüsse der o.g. historischen Phasen dort bemerkbar sind.

Denken Sie nach...

  • Welche Bedeutung hat die Informatik für die Anwendung von GIS in der Geographie? Notieren Sie sich die wichtigsten Bereiche.
  • Ist es Ihrer Meinung nach wichtig etwas über die historische Entwicklung von GIS zu wissen?
  • Was waren die wichtigsten Eindrücke für Sie, als Sie sich auf den beiden o.g. Webpräsenzen informiert haben? Notieren Sie jeweils die drei zentralen Eindrücke.
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