Repräsentation geographischer Weltsichten

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2.1.2 Objekte im Raum

Wie setzen wir in der Geographie am einfachsten und effizientesten die Abstraktion unserer Weltsicht um? Prinzipiell kann die geographische Repräsentation von Raum mit Hilfe zweier unterschiedlicher Konzepte durchgeführt werden: Zum einen können eindeutige Objekte identifiziert werden, sogenannte diskrete Objekte. Dem gegenüber stehen das Konzept der kontinuierlichen Räume oder Felder. Im Prinzip sind diskrete (Geo-)Objekte alles, was auf irgendeine Weise abgrenzbar und zählbar ist. Also z.B. Autos, Häuser, Fußgänger, Blumen, Bären, Fußballplätze und so weiter. So kann ein Fußballplatz auf einem Stadtplan lediglich als symbolisierte Sportfläche mithin als abgrenzbares Geoobjekt abgebildet sein. Felder hingegen beschreiben kontinuierlich die raum-zeitlich sich verändernden Attributwerte oder Merkmalsausprägungen des Raumes.

Abbildung 2: Repräsentation eines Sportplatzes im Stadtplan Marburg. Quelle: Stadplan Marburger Geographische Gesellschaft verändertAbbildung 2: Repräsentation eines Sportplatzes im Stadtplan Marburg. Quelle: Stadplan Marburger Geographische Gesellschaft verändert (GIS.MA 2009)

Abbildung 3: Unterschiedliche photorealistische Repräsentationen eines SportplatzesAbbildung 3: Unterschiedliche photorealistische Repräsentationen eines Sportplatzes (GIS.MA 2009)

Betrachtet man das Geoobjekt Fußballplatz beispielsweise als kontinuierliches Feld und/oder auf einer anderen Betrachtungsebene, so können völlig andere Merkmale interessieren z.B. die Qualität oder Art des Rasens oder ob der Platzwart die Feldmarkierungen aufgebracht hat. Oder dass die inhomogene Oberfläche des Rasens oder die Neigung der Fläche das Spielen zur Lotterie werden lässt (vgl. Abb 2). Natürlich gibt es auch geographische Begriffe von Räumen, die uns aus dem Alltagswissen vertraut sind. So kennen viele die Fränkische Schweiz oder den Pfälzer Wald.

Abbildung 4: Blick  auf die Fränkische Schweiz von Westen. In der Bildmitte ist der Zeugenberg Walberla zu sehenAbbildung 4: Blick auf die Fränkische Schweiz von Westen. In der Bildmitte ist der Zeugenberg Walberla zu sehen (Arnold 2005)

Wir assoziieren mit solchen Raumentitäten eine mehr oder wenig diffuse Raumausdehnung und dazugehörige Attribute wie kulinarische, kulturelle, freizeitorientierte Aspekte, evtl. auch eine Vorstellung der „Landschaft“, Vegetation, Erreichbarkeit etc..

Abbildung 5: Der Marktplatz von Ebermannstadt mit dem geschmückten Marienbrunnen und Osterbäumen. Beispielhaft für den typischen Osterschmuck der fränkischen SchweizAbbildung 5: Der Marktplatz von Ebermannstadt mit dem geschmückten Marienbrunnen und Osterbäumen. Beispielhaft für den typischen Osterschmuck der fränkischen Schweiz (Behrendes)

Wir wissen auch, dass nicht nur die religiösen oder kulinarischen Vorlieben einer Bevölkerung, sondern auch z.B. die Eigenschaften des Ackerbodens, den sie bewirtschaften, selten homogen räumliche Merkmale ausprägen. Die räumliche Verbreitung dieser Merkmalsausprägungen variiert und ist häufig kontinuierlich. Die Karte der Fränkischen Schweiz versucht dies durch ein verblassen der Farben im Randbereich zu symbolisieren

Abbildung 6: Karte der Fränkischen SchweizAbbildung 6: Karte der Fränkischen Schweiz (Mikmaq 2009)

Ein weiteres sehr eingängiges Beispiel für solche räumlich kontinuierliche Übergänge stellt das Relief dar, denn die Erdoberfläche weist eine quasi-kontinuierlich unterschiedliche Höhe auf. Selbst der Meeresspiegel ist -Windstille vorausgesetzt- aufgrund des Tidenhubs und der Massenanomalien nicht auf gleicher Höhe. Dennoch ist es üblich, dass für geographische Beschreibungen die Höhe bezogen auf eine bestimmte Skala vereinheitlicht und zusammenfassend dargestellt wird.

Abbildung 7: Digitales Geländemodell des Vercors Massiv in den französischen Alpen. Datengrundlage  SRTM daten 90 Meter räumliche AuflösungAbbildung 7: Digitales Geländemodell des Vercors Massiv in den französischen Alpen. Datengrundlage SRTM daten 90 Meter räumliche Auflösung (Jide 2005)

Diskrete und kontinuierliche Objekte in GI-Systemen

Diskrete Geobjekte sind durch eine klare räumliche Abgrenzbarkeit gekennzeichnet, während räumlich kontinuierliche Ausprägungen zunächst keine eindeutig objektbezogene räumliche Abgrenzbarkeit aufweisen. Wie wir bereits am Beispiel des Fußballplatzes gesehen haben, ist diese Regel aber offensichtlich abhängig von der Beobachtungs- oder Interessenskala. Hinzu kommt, dass die binäre Logik computergerechter Datenverarbeitung eine Begrenzung der Informationen erzwingt. In der Praxis der Geoinformationssysteme werden daher auch kontinuierliche Felder wie räumlich abgegrenzte Objekte behandelt also -unter Berücksichtigung einer (für die Fragestellung) geeigneten Skala- in diskrete Raumeinheiten aufgeteilt. Der wesentliche Unterschied zu dem Konzept der diskreten Objekte im leeren Raum ist, dass diese mit bekannter Position in einem ansonsten leeren Raum existieren, während in diskrete Objekte zerlegte Kontinua diesen Raum lückenlos und überschneidungsfrei mit ihren Eigenschaften abbilden und beschreiben.

Abbildung 8: Luftbildausschnitt Ortsrandlage Selbitz, Bayern.Abbildung 8: Luftbildausschnitt Ortsrandlage Selbitz, Bayern. (pilot micha 2008)Abbildung 9:Luftbild Selbitz als Beispiel eines zu repäsentierenden Wirklichkeitsauschnitts. Es wird vernachlässigt, dass ein Luftbild selbst bereits eine Repräsentation der Wahrnehmung des Fotographen istAbbildung 9:Luftbild Selbitz als Beispiel eines zu repäsentierenden Wirklichkeitsauschnitts. Es wird vernachlässigt, dass ein Luftbild selbst bereits eine Repräsentation der Wahrnehmung des Fotographen ist (pilot micha 2008)

Betrachten Sie das Luftbild und überlegen Sie, wie Sie die Repräsentation dieses Raumes vornehmen würden. Um es etwas einfacher zu machen, sollen die folgenden Merkmale abgebildet werden:

  • Landnutzung in Form von Landnutzungstypen
  • Straßennetz
  • geschätzte Bebauungsdichte

Schreiben Sie sich in Stichpunkten die nötigen Abstraktionsschritte und Ihre konkrete Umsetzung auf. Betrachten Sie im Anschluss erneut den Ausschnitt des Stadtplans von Marburg. Welche Geoobjekte können Sie durch kartographische Repräsentation identifizieren? Welchem der zuvor vorgestellten räumlichen Repräsentationskonzepten ist diese Form der Darstellung zuzurechnen?

Denken Sie nach...

  • Ist eines der Konzepte vorteilhafter als das andere? Wenn ja warum? Wenn nein, warum nicht?
  • Erstellen Sie eine kleine Tabelle, die pro und Kontra für wichtige räumliche Merkmale auflistet.
  • Welchem Konzept ist die Fotografie zurechenbar?
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